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Bolivien – Ein gesundes Leben ohne Gewalt für Kinder, Jugendliche und alte Menschen

Comundo trägt in Bolivien zu einer besseren Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung bei. Dies geschieht durch gezielte Massnahmen zum Umweltschutz, die Förderung nachhaltiger, agrarökologischer Anbaumethoden und die Unterstützung beim Aufbau fairer, lokaler Vermarktungsmöglichkeiten. 

Landeskontext 

Ein Viertel der Bevölkerung Boliviens – rund 2,9 Millionen Menschen – ist laut der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) von Unterernährung betroffen. Frauen, indigene Bevölkerungsgruppen und junge Menschen haben häufig keinen Zugang zu Land und Bildung – beides zentrale Voraussetzungen für eine nachhaltige und selbstbestimmte Nahrungsmittelproduktion. Gründe dafür sind strukturelle, geschlechtsspezifische und generationenbezogene Ungleichheiten. 

Neben diesen Aspekten erschweren der Klimawandel und demografische Veränderungen zunehmend den Zugang zu gesunder und nährstoffreicher Ernährung. Die fortschreitende Verstädterung erhöht die Nachfrage nach Lebensmitteln; dies verschärft noch die Probleme in Bezug auf Verfügbarkeit, Qualität und Erschwinglichkeit von Nahrungsmitteln. Viele Familien greifen deshalb auf günstigere Produkte zurück, die vor allem aus „leeren Kalorien“ bestehen. Gemeint sind Produkte, die kaum Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe oder Eiweiss enthalten. Sie liefern also Energie ohne nennenswerten gesundheitlichen Nutzen. Dies führt zu einer doppelten Belastung: Mangelernährung und Übergewicht treten gleichzeitig auf. So werden mehr Kalorien aufgenommen, als benötigt, während es an lebenswichtigen Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen fehlt. 

Derzeit leiden rund 200’000 Kinder unter fünf Jahren in Bolivien an Wachstumsverzögerungen; etwa 100’000 sind von Fehlernährung oder Übergewicht betroffen. Zudem leiden rund 37 % der schwangeren Frauen unter Blutarmut, was den Sauerstofftransport im Körper beeinträchtigt. Fehl- oder Mangelernährung in den ersten Lebensjahren eines Kindes hat dabei tiefgreifende und teils unumkehrbare Auswirkungen auf die körperliche, geistige und soziale Entwicklung.

Comundo in Bolivien

Angesichts dieser vielschichtigen Ernährungskrise setzt sich Comundo in Bolivien für den Aufbau nachhaltiger und gerechter Ernährungssysteme ein. Im Zentrum steht die Stärkung der Ernährungssouveränität – also das Recht jeder Gemeinschaft, ihre Ernährungssysteme und -politik eigenverantwortlich zu gestalten. Dabei bilden lokales Wissen, ökologisch angepasste Anbaumethoden, faire Marktstrukturen und gemeinschaftliche Kontrolle über Ressourcen die Grundlage. Ziel ist es, Hunger, Fehlernährung und Armut wirksam zu bekämpfen – und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel, die Biodiversität und die soziale Gerechtigkeit zu fördern.

Comundo ist seit 1964 in Bolivien tätig. Im Zentrum der Arbeit stehen neben der Stärkung der Ernährungssouveränität auch der Umweltschutz, die Anpassung an den Klimawandel sowie die Gewaltprävention. Dabei arbeiten wir eng mit lokal verankerten Partnerorganisationen zusammen – darunter NGOs, Bildungsinstitutionen, Kooperativen sowie staatliche, nichtstaatliche, kirchliche und zivilgesellschaftliche Akteure.

In Bolivien setzen wir auf folgende Schwerpunkte: 

Eine zentrale Ursache für Unter- und Mangelernährung in Bolivien ist der Klimawandel. Wie viele Länder der Region leidet Bolivien unter den Folgen klimatischer Veränderungen – darunter Dürren, Überschwemmungen, Frostperioden und unregelmässige Regenfälle. Zugleich sieht sich das Land mit gravierenden Umweltproblemen konfrontiert: Zerstörung von Wäldern, Erschöpfung von Grundwasserreserven, Bodenerosion und eine abnehmende Bodenfruchtbarkeit – Entwicklungen, die unter anderem durch den intensiven Einsatz von Agrochemikalien verschärft werden. In der Folge verlassen viele Menschen ländliche Regionen und ziehen in städtische Gebiete – in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Doch auch dort fehlt es vielen am Nötigsten, etwa an gesunden, ausreichend verfügbaren Lebensmitteln und an sauberem Wasser.

Comundo setzt hier an und fördert den Schutz der Umwelt – insbesondere in benachteiligten ländlichen und stadtnahen Regionen mit einem hohen Anteil an Menschen indigener Herkunft. Ziel ist es, dass die Menschen ihre Rechte kennen; sie sollen ihre Lebensräume aktiv schützen und an Entscheidungsprozessen zu Umweltfragen, sozialer Gerechtigkeit und Biodiversität mitwirken. Themen wie der Zugang zu sauberem Wasser, Aufforstung, Abfallvermeidung und ein bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen stehen dabei im Mittelpunkt – als Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber dessen Folgen.

Comundo setzt sich auch dafür ein, dass Menschen nachhaltige Produktionsmethoden anwenden, was den Zugang zu gesunden und nahrhaften Lebensmitteln verbessert. Im Zentrum steht die Entwicklung nachhaltiger, agrarökologischer Lebensmittelkreisläufe. Diese sollen die biologische Vielfalt fördern. Zudem wird so der Einsatz von Agrochemikalien vermieden und traditionelles Wissen über Anbau und Ernährung gestärkt. Lokale Gemeinschaften werden dadurch widerstandsfähiger gegenüber ökologischen und wirtschaftlichen Krisen und unabhängiger von externen Betriebsmitteln.

Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen vermittelt Comundo Wissen zur Herstellung nährstoffreicher Lebensmittel, zu ökologischen Anbaumethoden und zum verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen – etwa durch agroforstwirtschaftliche Parzellen, den Einsatz natürlicher Düngemittel oder eine effektive Abfallbewirtschaftung.

In einem weiteren Schritt setzt sich Comundo für die Verbesserung der Vermarktungsmöglichkeiten ein. Dies geschieht durch den Aufbau und die Förderung fairer Märkte und Plattformen, die sowohl Produzent:innen als auch Konsument:innen zugutekommen. Ziel ist es, gesunde, vielfältige und erschwingliche Lebensmittel zugänglich zu machen.

Um die Produkte besser verkaufen zu können, fördert Comundo mit seinen Partnern auch Direktvermarktungsnetzwerken – etwa lokale Messen, kommunale Märkte oder Bioläden. Mit der Einführung gemeinschaftlicher Qualitätslabels erhalten Produzent:innen die Möglichkeit, die Qualität und Nachhaltigkeit ihrer Produkte sichtbar zu machen und Vertrauen bei den Konsument:innen aufzubauen. Ergänzend werden Schulungen im Bereich Unternehmertum angeboten, um die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Beteiligten zu stärken.

Ein zentrales Anliegen ist dabei der Aufbau strategischer Partnerschaften mit öffentlichen und privaten Akteuren, um stabile und gerechte Marktstrukturen langfristig zu verankern.

Bolivien zählt zu den Ländern Lateinamerikas mit den höchsten Raten geschlechtsspezifischer Gewalt. Laut dem bolivianischen Statistikinstitut erleben rund 70 % der Frauen Boliviens im Laufe ihres Lebens Gewalt. Insbesondere Missbrauch und sexuelle Gewalt haben in den letzten Jahren zugenommen. Besonders betroffen sind Frauen, Mädchen und Jugendliche – vor allem ländlicher und indigener Gemeinschaften. Die überwiegende Mehrheit der Fälle geht auf häusliche Gewalt zurück. Viele Betroffene haben keinen Zugang zur Justiz oder verzichten aus Angst vor Repressalien auf eine Anzeige. 

Die hohe Gewaltrate beeinträchtigt dabei nicht nur die persönliche Sicherheit von Mädchen und Frauen, sondern auch ihre wirtschaftliche und soziale Teilhabe. Gewalt wirkt sich unmittelbar aus auf ihren Zugang zu Eigentum, Land oder landwirtschaftlichen Betriebsmitteln. Aber auch auf ihre Fähigkeit, über Bildung, Einkommen, Gesundheitsversorgung oder Ernährung für sich und ihre Familien zu entscheiden.

Comundo fokussiert in Bolivien daher auch auf Geschlechtergerechtigkeit bei der Ernährungssicherung. 

Comundo setzt sich dafür ein, dass geschlechtsspezifische Gewalt besser erkannt, verhindert und Betroffene gezielt gestärkt werden. Dabei geht es auch darum, gleichberechtigte Teilhabe und Mitbestimmung von Jugendlichen und Frauen beim Zugang zu Ressourcen, Dienstleistungen zu fördern; oder  bei der Rollenverteilung und in Entscheidungsprozessen. Zusammen mit Partnerorganisationen werden Bildungs- und Sensibilisierungsprogramme durchgeführt. Wir veranstalten Schulungen für Männer und Frauen, um gewalttätiges Verhalten zu beseitigen und Beziehungen zu fördern, die auf Respekt und Gleichberechtigung basieren. Dadurch soll die Gesellschaft insgesamt besser in die Lage versetzt werden, Situationen zu erkennen und anzugehen, in denen die Ernährungssicherheit gefährdet ist.