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13.11.2020

Allein gelassen und verraten!

Seit zehn Jahren wartet eine Gemeinde im Norden Kolumbiens auf ihre Umsiedlung. Grund: die starke Luftverschmutzung durch Kohleabbau. Doch nun sollen die Umsiedlungspläne über Bord geworfen werden. Was mit den Menschen passiert, scheint egal zu sein.

Unter Tränen erzählt mir Yolima Parra aus dem Dorf El Hatillo in diesen Tagen, dass sie sich durch das einseitig aufgekündigte Ende des Umsiedlungsprozesses verraten fühle. Sie als gebürtige Bewohnerin des Dorfes habe das Gefühl, dass all das Engagement, das sie und ihre Familie in den vergangen zehn Jahren in diesen Prozess eingebracht haben, umsonst war. «Wir sind einer Lüge aufgesessen, einer Heuchelei. Das alles nimmt mich sehr mit, es verletzt mich.» 

Nachdem es schon seit dem vergangenen Jahr immer wieder Verzögerungen bei der Umsiedlung gab, scheint nun bedingt durch die Coronakrise ein neuer trauriger Höhepunkt erreicht zu werden. Seit einigen Monaten sinkt der Kohlepreis und wegen der Corona-Pandemie haben die drei Firmen Drummond, CNR sowie die Glencore-Tochter Prodeco, die rund um El Hatillo Minen betreiben, ihre Betriebe in den Minen zurückgefahren, CNR und Prodeco im Juni vorläufig ganz eingestellt. Deshalb wollen sie auch die Umsiedlung abblasen. Was mit den Menschen passiert, die seit Jahren auf ihre Umsiedlung warten, scheint ihnen egal zu sein. 

 

«Wir sind einer Lüge aufgesessen, einer Heuchelei. Das alles nimmt mich sehr mit, es verletzt mich.» Yolima Parra

 

Im Oktober haben alle drei Firmen mitgeteilt, dass sie sich nicht in der Lage sehen, den Umsiedlungsprozess fortzuführen. Eine Horrornachricht für die Bewohnerinnen und Bewohner! Diese fühlten Frust und Ohnmacht aufgrund der Verantwortungslosigkeit der Firmen, sagt Yolima Parra, und fürchten das endgültige Scheitern. 

Die „Autoridad Nacional de Licencias Ambientales“ (ANLA), die Behörde, welche in Kolumbien Bergbaurechte und -lizenzen vergibt, begleitet auch die Umsetzung des im November 2018 unterzeichneten Vertrags zur Umsiedlung von El Hatillo. Sie teilte mit, dass sie sich für die Probleme der Gemeinde nicht zuständig fühle, da sie an der finanziellen Situation der Firmen nichts ändern könne. «Es ist eine Katastrophe, dass der Staat zulässt, was hier passiert», so Yolima Parra. «Wir haben keine Arbeit oder landwirtschaftliche Projekte, die uns ernähren, wir haben hier nicht einmal Trinkwasser.»

Yolima Parra und viele andere Bewohnerinnen und Bewohner aus El Hatillo sind dankbar für jegliche Unterstützung. Sie hoffen unter anderem auf die internationale Gemeinschaft, um Druck auf die kolumbianische Regierung aufzubauen und die Firmen dazu zu zwingen, das einzuhalten, was sie mit einer Unterschrift zugesagt hatten. 

Ich persönlich frage mich jedes Mal aufs Neue, warum Konzerne, die Milliardengewinne einfahren, nicht zumindest das nötige Geld aufbringen können, um ein kleines Dorf in angemessener Zeit umzusiedeln und seinen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. 

Von Fachperson Julia Schmidt


Jetzt die ganze Geschichte des Dorfes El Hatillo erfahren:  

Schicksal eines Dorfes

 

Bericht von Julia Schmidt


Die Journalistin und Comundo-Fachperson gibt in Kolumbien benachteiligten Menschen eine Stimme und thematisiert Verstösse gegen Menschenrechte und Umwelt. 

In ihrem Blog-Beitrag erzählt sie die ganze Geschichte von El Hatillo. Erfahren Sie jetzt das Schicksal eines Dorfes.
 

Schicksal eines Dorfes