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30.11.2019

Im Einsatz für den Schutz des Amazonas-Urwaldes

Der Amazonas-Regenwald ist stark gefährdet. Comundo-Fachperson Flurina Doppler hat sich in Peru für dessen Schutz und die Rechte der indigenen Bevölkerung eingesetzt. Im Interview zeigt die Basler Sozialanthropologin auf, wieso die Zerstörung dieses wichtigen Lebensraums uns alle betrifft und die Einführung verbindlicher Regeln für Konzerne dringend nötig ist.

Comundo will die indigene Bevölkerung in Peru unterstützen, für ihre Rechte und den Schutz ihrer Umwelt einstehen zu können. Wie hat dein Engagement dazu beigetragen?
Flurina Doppler: Ich habe für drei Jahre bei «Forum Solidaridad Perú» (FSP) mitgearbeitet – einer der 13 Partnerorganisationen von COMUNDO in Peru. Diese setzt sich für die Stärkung der indigenen Bevölkerung in der Amazonasregion ein. Unter unserer Federführung fand im April 2017 in Tarapoto, Peru das 8. Sozialforum der Amazonasländer statt.

Welches Ziel wurde mit dem Sozialforum verfolgt?
Am Amazonas-Sozialforum 2017 nahmen rund 1500 Menschen aus 33 Ländern teil. Das Ziel bestand darin, verschiedene Akteure der Zivilgesellschaft wie z.B. indigene Bevölkerungsgruppen, Frauenorganisationen oder Forschungsinstitute, die sich alle für den Erhalt des Lebensraums Amazonas einsetzen, besser miteinander zu vernetzen und ihren Forderungen gegenüber der Regierung und Grossunternehmen mehr Gewicht zu geben.

Wieso übernimmt die peruanische Regierung nicht selbst mehr Verantwortung für den Schutz des wichtigen Amazonasgebiets?
Das Wirtschaftsmodell von Peru und anderer Amazonasländer beruht auf der Ausbeutung und dem Export natürlicher Ressourcen. Die Regierung und Teile der städtischen Bevölkerung profitieren von diesem Raubbau an der Natur und stellen die Interessen der Öl-, Bergbau- und Holzfirmen über die Rechte der indigenen Bevölkerung und den Schutz des Urwaldes. Das führt zu zahlreichen Konflikten, die sich durch die gefallen Rohstoffpreise und die globale Wirtschaftskrise noch verschärfen. Um den Widerstand gegen den Rohstoffabbau zu stoppen, kriminalisiert der Staat Menschen, die sich für ihre Rechte und den Schutz der Umwelt einsetzen.

Wie schlecht steht es um den Amazonas-Urwald?
Der Amazonas-Urwald ist stark gefährdet. Ein Fünftel dieses grössten noch verbleibenden Regenwalds ist schon abgeholzt und die Zerstörung geht fast ungebremst weiter. Der Erhalt dieses Ökosystems ist nicht nur für die dort lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen wichtig, sondern wegen seiner Funktion als CO2-Speicher, Süsswasserreservoir und Hotspot der Biodiversität für die gesamte Menschheit. Die Folgen der Zerstörung bekommt früher oder später die ganze Welt zu spüren.

Was konnte mit dem Amazonas-Forum erreicht werden?
Es wurden sowohl neue Allianzen zwischen Organisationen und Ländern gebildet wie auch gemeinsame Initiativen lanciert. So z.B. die «Allianz zur Verteidigung der Amazonas-Zuflüsse», bei der «Forum Solidaridad Perú» aktives Mitglied ist. Am Alternativen Weltwasserforum FAMA, das im März 2018 in Brasilia stattfand, hat sich die Allianz getroffen, um gemeinsame Strategien für den Erhalt des Lebens in und an den Flüssen im Amazonasgebiet zu entwickeln. Ziel war, auch die Bedrohung der Flüsse stärker zu thematisieren, nachdem das FAMA den Fokus ursprünglich stark auf die Privatisierung der Wasserversorgung gelegt hatte: Grosskonzerne wie Coca Cola oder Nestlé versuchen sich einen privilegierten Zugang zu Wasser zu verschaffen und nehmen dabei in Kauf, dass Grundwasserspiegel sinken und Dörfer keinen freien Zugang mehr zum Wasser haben. Nestlé zum Beispiel hat allein 2017 mit dem Verkauf von Quell- und Tafelwasser einen Umsatz von 8 Milliarden Franken erzielt.

Was sind die grössten Bedrohungen für die Flüsse?
Die Flüsse werden durch die Erdölförderung, den Bergbau und die pestizidintensive industrielle Landwirtschaft stark verschmutzt. In Peru ist das Megaprojekt «Hidrovía» ein grosses Thema. Ziel ist es, verschiedene Amazonas-Zuflüsse ganzjährig schiffbar zu machen. Es gibt allerdings keine Vorstudien, welche Konsequenzen dieser Eingriff hat. In Brasilien und Bolivien bedrohen vor allem Wasserkraftwerke die Amazonas-Zuflüsse. Menschen und Organisationen, die sich gegen den Bau von Megaprojekten wehren, werden nicht selten Opfer von Gewalt.

Wurden am Sozialforum auch Strategien für den Umgang mit Konflikten erarbeitet?
Ja. In der Diskussion entstand die Idee, ein Konfliktmonitoring, das in Brasilien bereits eingesetzt wird, mit einer gemeinsamen Methodologie auf das ganze Amazonasgebiet auszuweiten. Mit diesem Instrument kann erhoben werden, in welchen Gebieten Konflikte entstehen, wie viele Menschen betroffen sind und was die Hauptursachen dafür sind: z.B. Abholzung, Wasserkraftwerke, Verletzung der Landrechte oder fehlender Zugang zu Wasser. In Brasilien hat das Konfliktmonitoring grosse mediale Wirkung und dient Ämtern und NGOs als wichtiges Instrument, um auf politische Entscheidungsträger Druck zu machen.

Was können wir alle zum Schutz des Amazonas-Lebensraums beitragen?
Als Konsumenten/-innen der reichen, westlichen Länder sind wir mitverantwortlich für den Raubbau an der Natur und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung. Denn Rohstoffe wie Gold, Kupfer, Erdöl, Holz oder Palmöl werden für den Export produziert und stillen unseren Energiehunger. Jede/r einzelne sollte den eigenen Lebensstil überdenken und sich fragen, wieviel Konsum wirklich nötig und sinnvoll ist. Noch viel mehr ist jedoch die Politik gefordert, die Menschenrechte und den Schutz der Natur zu garantieren, was nicht geht ohne klare Rahmenbedingungen für Konzerne und den internationalen Handel. So ist es z.B. wichtig, dass die von Comundo mitgetragene Konzernverantwortungsinitiative (KOVI) vorangetrieben wird und Schweizer Konzerne dazu verpflichtet werden, Menschenrechte und Umweltschutz weltweit zu achten und respektieren.


Wir freuen uns, wenn Sie die Projekte von Comundo in Peru unterstützen!

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