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15.09.2020 | Peru, Menschenrechte und Demokratie

Wie die Bergbaulobby vom Coronavirus profitiert

Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Minen bedrohen die Lebensgrundlagen der indigenen Völker in Peru. Und nun spielt ausgerechnet die Covid-19-Pandemie der Bergbaulobby in die Hände. Ein Bericht von Comundo-Fachperson Mattes Tempelmann, der sich als Berater für Umweltanliegen gegen dieses Unrecht einsetzt.

Das Bergwerk Antapaccay, das der Schweizer Konzern Glencore in Espinar (Peru) betreibt, hat gravierende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der indigenen Bevölkerung der Umgebung.

Peru ist eines der am stärksten von der Covid-19-Pandemie betroffenen Länder weltweit. Mitte August zählte das Land bereits 516'000 bestätigte Infektionen und die Regierung erliess Ausgangssperren unter strenger militärischer Kontrolle. Besonders hart treffen diese Massnahmen die Menschen, die im informellen Sektor arbeiten – Verkäuferinnen, Schuhputzer, Taxifahrer, Hausangestellte; rund zwei Drittel der Bevölkerung gerieten in existenzielle Not.

Kein Lockdown im Bergbau

Ausgenommen vom Lockdown war: der Bergbau. Die peruanische Regierung hatte dem Druck der Bergbaulobby nachgegeben und liess die Minen ohne Einschränkung weiterarbeiten. Die Konsequenzen waren dramatisch: Bis zum 21. Mai waren bereits 753 Minenarbeitende mit dem Coronavirus infiziert. Zudem wurden die Bergbauaktivitäten ohne jegliche Umweltkontrollen durchgeführt, da Umweltkontroll- und Inspektionsbehörden während des Lockdowns nicht arbeiten durften. Wir haben Kenntnis von vermehrten Unfällen und Austritten von giftigen Abwässern in Gewässer. Wohl als Folge der Kontrolllücken, die von Bergbauunternehmen skrupellos ausgenutzt werden.

Kurzfilm: Das giftige Kupfer aus Espinar

Folgender Ausschnitt aus dem Dokumentalfilm «La vida no vale un cobre» («Das Leben ist kein Kupferstück Wert») zeigt eindrücklich, wie gravierend die Folgen des Bergbaus für die Gesundheit von Menschen und Tieren sind. Die Kohlemine in Espinar wird ausgerechnet von einem Schweizer Konzern betrieben, nämlich von Glencore.


Berater für Umweltanliegen 

In meinem Entwicklungseinsatz mit Comundo setze ich mich zusammen mit dem Netzwerk Red Muqui für eine nachhaltige Entwicklung, Umweltschutz und die Rechte der vom Bergbau betroffenen Bevölkerung ein. Als Geograf berate ich verschiedene Arbeitsgruppen bei Fragen zu Wassermanagement, Raumplanung, partizipativem Umweltmonitoring sowie bei der Analyse sozio-ökologischer Konflikte. 

Im Rahmen des Umweltmonitorings listen wir Umweltschäden auf, die uns Leute aus den betroffenen Gebieten melden. So wurde uns etwa berichtet, dass in der Provinz Santiago de Chuco Bergbauunternehmen im Oberlauf eines Wassereinzugsgebiets tätig sind und wertvolle Wasserressourcen verunreinigen. Diese benötigt die Bevölkerung für den Hausgebrauch, die Viehzucht und die Landwirtschaft. 

Workshop mit Comundo-Fachperson Mattes Tempelmann zur Anwendung partizipativer Methoden im Umweltmonitoring. © Red Muqui
Workshop mit Comundo-Fachperson Mattes Tempelmann zur Anwendung partizipativer Methoden im Umweltmonitoring. © Red Muqui

Ausbau von Minenprojekten trotz Corona 

Die Behörden unternehmen nichts, um die schädlichen Aktivitäten von Bergbauunternehmen zu kontrollieren. Im Gegenteil: Sie treiben geplante Bergbauprojekte ausgerechnet während der Corona-Krise voran. So erklärte etwa die Energie- und Bergbauministerin Susana Vilca bezüglich des Conga-Projekts in Cajamarca (des US-amerikanischen Unternehmens Newmont) und des Tía-María-Projekts in Arequipa (der mexikanischen Unternehmensgruppe Southern Copper Corporation): «Unter Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialstandards ist alles möglich. Die Minen werden wir früher oder später ohnehin wieder öffnen. Der Bergbau ist eine Arbeit, die getan werden muss.»

Dabei sind bei beiden Projekten ernsthafte technische und ökologische Bedenken bekannt. Bergbauunternehmen und Regierung haben für ihre Vorhaben im fruchtbaren Tambo-Tal keinerlei Rückhalt in der lokalen Bevölkerung. Die Menschen wollen keinen Bergbau. Sie betreiben eine erfolgreiche Landwirtschaft, die Tausenden von Menschen Arbeit bietet und die die Bevölkerung im ganzen Land mit Gemüse, Obst und Reis versorgt.

Proteste gegen das Tía-María Bergwerk im Tambo-Tal, Peru. © Red Muqui
Proteste gegen das Tía-María Bergwerk im Tambo-Tal, Peru. © Red Muqui

Ernährung sichern für Krisenzeiten

Für die Landwirtschaft und die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung interessiert sich die Regierung aber wenig. Sie will im Tambo-Tal stattdessen ein Bergbauprojekt durchsetzen, das Wirtschafts- und Privatinteressen dient. Das Muqui-Netzwerk stellt sich an die Seite der Bevölkerung. Gemeinsam mit bäuerlichen Organisationen, Agrargewerkschaften und ländlichen Bürgerwehren wird eine stärkere Unterstützung der Landwirtschaft gefordert. Schliesslich gewährleistet sie die Ernährung der Peruaner und Peruanerinnen gerade auch in Krisenzeiten. 

Immerhin: Unter dem Druck der Bevölkerung ist der Kongress der Nationalregierung doch auf einige Forderungen eingegangen. Red Muqui wird diese Entwicklungen im Auge behalten. Auch was die weitere Ausbreitung von Covid-19 in den an die Bergbauminen angrenzenden Gemeinden betrifft.


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Mattes Tempelmann, Geograf

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Von Mattes Tempelmann | 15. September 2020 | Peru

 

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Mattes Tempelmann

Geograf

Im Kontext der Rohstoffausbeutung hat sich Comundo-Fachperson Mattes Tempelmann bis Juli 2021 in Peru für eine nachhaltige Entwicklung, Umweltschutz und die Rechte der indigenen Bevölkerung eingesetzt.
 

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